BGH: Kein Schmerzensgeld bei Schockschäden nach Tötung von Tieren

BGH: Kein Schmerzensgeld bei Schockschäden nach Tötung von Tieren

Keine Schmerzensgeldansprüche bei Schockschäden nach Verletzung oder Tötung von Tieren

BGH 20.3.2012, VI ZR 114/11

Die BGH-Rechtsprechung zu Schmerzensgeldansprüchen in Fällen von sog. Schockschäden bei der Verletzung oder Tötung von Angehörigen oder sonst nahestehenden Personen ist nicht auf Fälle psychischer Gesundheitsbeeinträchtigungen im Zusammenhang mit der Verletzung oder Tötung von Tieren zu erstrecken. Letztere gehören zum allgemeinen Lebensrisiko und können keine Schmerzensgeldansprüche begründen.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin war im Oktober 2008 mit einer 14 Monate alten Labradorhündin auf einem Feldweg spaziert. Die Hündin war nicht angeleint. Der Beklagte, der mit einem Traktor von einer angrenzenden Straße in den Feldweg einfuhr, überrollte die Hündin, die dadurch so schwere Verletzungen erlitt, dass sie von einem Tierarzt eingeschläfert werden musste.

Infolgedessen machte die Klägerin materiellen Schadensersatz wegen entstandener Tierarztkosten, Kosten für die Anschaffung eines Labrador-Welpens und außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend. Außerdem verlangte sie Schmerzensgeld mit der Begründung, sie habe durch das Erlebnis einen Schockschaden mit schweren Anpassungsstörungen und einer schweren depressiven Episode erlitten. Es sei zu einer pathologischen Dauerreaktion mit medikamentöser Behandlung gekommen. Der Zustand habe über einen Zeitraum von mindestens vier Monaten angedauert und sei bis heute nicht ausgestanden.

Das LG gab der Klage hinsichtlich der materiellen Schäden statt und wies sie im Übrigen ab. Die hiergegen gerichtete Berufung sowie Revision der Klägerin blieben erfolglos.

Die Gründe:
Ein auf Schmerzensgeld gerichteter Schadensersatzanspruch der Klägerin aus dem Gesichtspunkt eines – durch den Tod des Tieres psychisch vermittelten – sog. Schockschadens war zu verneinen.

Ein solcher Schadensersatzanspruch aus § 7 Abs. 1, § 11 S. 2, § 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1, § 253 BGB wäre zwar, obwohl die Klägerin einen Gesundheitsschaden nur mittelbar als (psychische) Folge des tödlichen (Verkehrs-)Unfalls ihrer Hündin erlitten haben will, ein eigener Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung eines eigenen Rechtsguts. Allerdings genügt nach ständiger BGH-Rechtsprechung nicht jede psychisch vermittelte Beeinträchtigung der körperlichen Befindlichkeit für einen Schadensersatzanspruch.

Aus den die Schadensersatzpflicht bei Schockschäden eng umgrenzenden Grundsätzen ergibt sich bereits, dass eine Ausdehnung dieser Rechtsprechung auf psychisch vermittelte Gesundheitsbeeinträchtigungen bei der Verletzung oder Tötung von Tieren nicht in Betracht kommt. Dem entspricht es, dass der Gesetzgeber keinen Anlass für einen besonderen Schmerzensgeldanspruch des Tierhalters gesehen hatte; die Verletzung oder Tötung von Tieren sollte den von der Rechtsprechung anerkannten Fällen von Schockschäden mit Krankheitswert bei der Verletzung oder Tötung von Angehörigen oder sonst dem Betroffenen nahestehenden Menschen nicht gleichgestellt werden (vgl. BT-Drs. 11/7369).

Derartige Beeinträchtigungen bei der Verletzung oder Tötung von Tieren, mögen sie auch als schwerwiegend empfunden werden und menschlich noch so verständlich erscheinen, gehören zum allgemeinen Lebensrisiko und vermögen damit Schmerzensgeldansprüche nicht zu begründen.

Quelle: BGH online